Freitag, 11. September 2015

Flüchtlingschutz

Wie sind die deutschen Behörden auf die vielen Flüchtlinge eingestellt?

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kommt zurzeit mit der Bearbeitung der Asylanträge nicht hinterher - rund 250.000 Anträge sind anhängig (Stand: August 2015). Es fehlen Mitarbeiter und Unterkünfte. Der Bund hat versprochen, die Zahl der Mitarbeiter im BAMF fast zu verdoppeln, insgesamt sollen 2000 neue Stellen geschaffen werden, 750 davon noch in diesem Jahr.

Das BAMF hat wegen der steigenden Flüchtlingszahlen neue Regeln: Die Anträge von Menschen aus bestimmten Herkunftsländern sollen künftig schneller bearbeitet werden. Zum Beispiel soll über Asylanträge aus dem Kosovo innerhalb von zwei Wochen entschieden werden. Die Behörden erhoffen sich davon eine schnelle Entlastung, da die allermeisten Menschen aus dem Kosovo kein Anrecht auf Asyl oder Flüchtlingsschutz haben und deshalb wieder ausgewiesen werden können.
Über Anträge von Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak soll im Idealfall innerhalb weniger Tage entschieden werden - aus einem anderen Grund: Flüchtlinge aus diesen Ländern bekommen fast immer Asyl. Im Schnitt hat es im ersten Halbjahr 2015 nach BAMF-Angaben 5,3 Monate gedauert, bis ein Asylantrag entschieden wurde.
Nicht immer ist für die Behörden absehbar, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln: So wurden die Behörden Anfang 2015 von den vielen Migranten aus dem Kosovo überrascht - in den ersten vier Monaten des Jahres 2015 haben rund 27.700 Kosovaren in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Im selben Zeitraum im vergangenen Jahr waren es nur rund 1700 Migranten aus dem Kosovo. Es habe sich "der Mittelstand aus dem Kosovo in Bewegung gesetzt", so BAMF-Chef Manfred Schmidt. Zuletzt ist die Zahl der Antragssteller aber wieder gesunken. Dafür ist nun die Zahl der albanischen Migranten stark angestiegen. 
Immer noch ist unklar, warum auf einmal so viele Menschen aus dem Kosovo geflohen sind - denn die wirtschaftliche Lage in dem Land ist seit Langem schlecht.

Wer hat Recht auf Asyl?

Als Asylberechtigter oder Flüchtling wird in Deutschland nach Artikel 16 des Grundgesetzes anerkannt, wer in seinem Herkunftsland durch den Staat politisch verfolgt wird. Als Flüchtling wird in Deutschland nach europäischem Recht basierend auf der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt, wessen Leben oder Freiheit in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist. Wem in seinem Herkunftsland "ernsthafter Schaden" droht, zum Beispiel durch Folter oder die Todesstrafe, kann sogenannter "subsidiärer Schutz" gewährt werden.
Es gibt noch Ausnahmeregelungen, etwa wenn der Flüchtling an einer schweren Krankheit leidet, die in seiner Heimat nicht behandelt werden kann. Für die Entscheidung ist immer das Einzelschicksal maßgeblich, die Entscheider berücksichtigen auch medizinische Gutachten. Es können auch Sprach- und Textanalysen herangezogen werden - zum Beispiel wenn ein Migrant sagt, er sei aus Syrien, daran aber Zweifel bestehen. 
Wer als Flüchtling oder Asylbewerber anerkannt ist, kann sich für drei Jahre in Deutschland aufhalten. Danach kann er einen unbefristeten Aufenthaltstitel bekommen, wenn sich die Lage in seinem Heimatland nicht geändert hat. Wem "sudsidärer Schutz" gewährt wurde, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die von der Ausländerbehörde um zwei weitere Jahre verlängert werden kann.

Seit Ende 2014 können Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina schneller abgelehnt werden - diese Länder gelten nun als "sichere Herkunftsstaaten", die Behörden gehdavon aus, dass den Menschen in diesen Ländern keine Verfolgung droht. In der Bundesregierung wird derzeit diskutiert, ob auch die Balkanstaaten Albanien und der Kosovo zu "sicheren Herkunftsstaaten"

erklärt werden sollten,

 Die Opposition und Menschenrechtsorganisationen kritisieren jedoch, dass zum Beispiel Roma im Kosovo massiv diskriminiertwürden. Menschen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen sind, dürfen hingegen meistens in Deutschland bleiben.
Im Jahr 2015 wurden in den Monaten Januar bis April nur drei von mehr als 20.000 Asylanträgen von syrischen Flüchtlingen als unbegründet abgelehnt. In den EU-Ländern lag die Anerkennungsquote für syrische Flüchtlinge im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 95 Prozent.
Insgesamt wurde im Jahr 2014 und in den ersten Monaten 2015 rund jeder dritte Asylantrag eines Flüchtlings in Deutschland positiv entschieden - de facto hat aber das BAMF jedem zweiten Asylantrag zugestimmt. Diese Differenz kommt zustande, weil viele Anträge sich anderweitig erledigt haben, etwa, weil die Bundesrepublik sich nicht zuständig sah und den Asylantrag an ein anderes EU-Land überstellt hat oder weil der Flüchtling aus anderen Gründen Recht hat, in Deutschland zu leben, zum Beispiel über den Familiennachzug.

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